Ängste aus Human Design Sicht
- Sonja Meyer-Voss
- 2. Mai
- 6 Min. Lesezeit

Angst als evolutionäre Intelligenz
Heute versuche ich mich mal ganz vorsichtig dem Thema Angst zu nähern. Vorsichtig, weil alle Ängste natürlich genauso individuell zu betrachten sind wie alles andere im Human Design und weil Ängste nicht nur aus der „Grundanlage“ entstehen können, zb. über Offenheiten oder als überlebenssichernde und damit „gute“ Ängste, sondern eben auch über gemachte Erfahrungen. Ich möchte mich heute auch gar nicht so weit in die Welt der Erfahrungen, Erlebnisse, Traumata etc begeben, das Fass ist schier unendlich – und letztendlich IMMER persönlich und individuell zu betrachten.
Und eben auch vorsichtig in dem Sinne, dass in ein paar Seiten Blogartikel halt auch das äußerst komplexe Thema ein bisschen vereinfacht zusammengefasst werden muss.
Aber aus Human Design Sicht auf die teilweise ja auch sehr gesunden Ängste zu schauen, ist immer die Grundlage. Ihr wisst ja, nur wenn man sein eigenes vom Gegenüber unterscheiden kann – oder sein eigenes überhaupt wahrnehmen lernt, kann man sich weiterentwickeln oder sein Potential schärfen.
Angst ist kein Defizit, sondern ein präziser Mechanismus zur Bewältigung von Unsicherheit. Im Human Design stellt sie einen hochdifferenzierten Ausdruck biologischer Intelligenz dar. Sie wirkt nicht homogenisierend, sondern spezifisch – je nach Zentrum und Tor.
Angst dient der Differenzierung, dem Überleben und dem Erkennen dessen, was Aufmerksamkeit verlangt. Ängste versuchen uns zu schützen, unser Überleben zu sichern - dabei geht´s halt leider weniger um Selbstverwirklichung, persönliche Weiterentwicklung oder auch nur glücklich zu sein. Und so schützen sie uns zwar, können aber eben auch Wagnisse, Risiken und Veränderungen verhindern, wenn man nicht um ihre Mechanik weiß.
Bewusstseinszentren und Angst
Angst wurzelt in der Geschichte des Lebens und der Entwicklung von Intelligenz.
Die Ängste zwingen uns, intelligenter zu werden, uns besser zu entwickeln, unsere Kompetenzen zu erhöhen – um eben das Überleben zu sichern. Und wenn man die Angst statt Angst Wachsamkeit beginnt zu nennen, klingt das Ganze doch schon viel sinnvoller, und weniger "beängstigender" oder?
Über den Umgang mit unseren Ängsten sprechen wir gleich noch, und exakt dies ist für unser Überleben entscheidend. Nur jemand, der auch im Tiefschlaf den Geruch von Feuer wahrnehmen konnte, war sicher (als Beispiel).
Die Milz, das älteste Bewusstseinszentrum, ist zuständig für körperliche Instinkt- und Überlebensängste.
Das Ajna-Zentrum generiert konzeptionelle, mentale Ängste, während das emotionale Zentrum aktuell noch Motor ist und seine emotionale Bewusstheit halbgar unter der Oberfläche brodelt und ne Menge emotionaler Unsicherheit und Nervosität trägt.
Diese drei Zentren bilden die Grundlage für unsere konditionierte Wahrnehmung von Gefahr und die daraus resultierende Reaktion.
Wir können über die Unterebenen wie zb. den Ton sehr viel über unsere Kognition erfahren und diese kognitiven Unterebenen, nämlich mental, emotional und instinktiv, finden ihr Ventil in den 3 Bewusstseinszentren. Und jedes der 3 Zentren hat eine völlig andere Form der Angst-Qualität.
Wir unterscheiden zwischen realen, körperlich begründeten Ängsten – beispielsweise vor Krankheit oder Tod – und konzeptionellen Ängsten, die in der Vorstellung, Interpretation und Projektion des Verstandes wurzeln, etwa Angst vor Zurückweisung oder Unwissenheit. Beide Angstformen wirken auf unser Verhalten, doch sie bedienen sich unterschiedlicher Mechanismen.
Tore der Angst: Wo Intelligenz wächst
Zwanzig von 64 Toren im Human Design sind direkt mit Angst verbunden. Diese Tore bilden spezifische archetypische Reaktionsmuster auf Unsicherheit. Sie sind keine Schwächen, sondern Ausdruck von Intelligenz: der Fähigkeit, Informationen zu verarbeiten, Gefahren zu antizipieren und evolutionär angemessene Entscheidungen zu treffen. Jedes dieser Tore enthält eine potenzielle Weisheit, wenn es korrekt gelebt wird.
Das Milzsystem: Intuitive Ängste
Die Milz ist das Zentrum instinktiver Wahrnehmung. Sie operiert in der Gegenwart und gibt unmittelbare Warnsignale. Angst im Milzzentrum ist direkt, unreflektiert und überlebensorientiert und eben auch die stärksten Ängste im Körper. Die Milz kann sich nur im Augenblick ausdrücken, leise und eindringlich, aber eben auch im nächsten Moment wieder verschwunden - atemberaubend spontan und nicht (durch den Verstand) erklärbar.
Zudem ist die Milz, anders als das emotionale Zentrum KEIN Motor, also viel weniger druckvoll. Sie können sich äußerst unbehaglich anfühlen, eben so wie sich sträubende Nackenhaare, sinnbildlich.
Für Menschen mit echter Milz-Autorität stellt sich der Verstand gerne sofort in den Weg. Der einzige Vorteil, wenn man so möchte, ist die Milz-Geschwindigkeit, die den Verstand so dermaßen in den Schatten stellt.
Die sieben Milztore sind:
Tor 18 – Angst vor Autoritätsversagen: Sorge, dass etwas nicht korrekt oder gesund ist; Antrieb zur Korrektur.
Tor 28 – Angst vor Sinnlosigkeit und Tod: Suche nach Sinn trotz der Endlichkeit; existenzielles Ringen.
Tor 32 – Angst vor Versagen: Befürchtung, Entwicklung nicht zu erkennen; druckvoll, gesellschaftlich geprägt.
Tor 50 – Angst vor Verantwortung: Sorge, ethischen Werten und Prinzipien nicht gerecht zu werden.
Tor 44 – Angst vor der Vergangenheit: Angst, Fehler zu wiederholen oder Vertrauen zu verlieren.
Tor 57 – Angst vor der Zukunft: Tiefe Intuition über das Unbekannte, verbunden mit Nervosität.
Tor 48 – Angst vor Unzulänglichkeit: Gefühl, nicht genug zu wissen oder vorbereitet zu sein.
Ra beschreibt Tor 57 als die subtilste und sensibelste aller Bewusstseinstore – eine Art „akustisches Radar“, das wie ein inneres Echo der Zukunft wirkt - und durch die Individualität nur für sich selber gilt.
Die meisten unserer Probleme, die wir mit den Ängsten haben, entstehen, wenn die Ängste mental werden, wenn sie Teil des Verstandessystems werden und uns über den Verstand anfangen zu steuern. Denn dann werden sie Teil des Nichtselbst, das aus den offenen Zentren heraus handelt und durch die Art und Weise der Konditionierung die Struktur für das Denken und Handeln bildet. Und somit werden sie von konzeptuellen Ängsten in reale Handlungen und Reaktionen umgesetzt.
Mentale Ängste: Ajna-Zentrum
Das Ajna-Zentrum produziert konzeptionelle Ängste, die sich aus Denkprozessen ergeben. Sie basieren nicht auf unmittelbarer Erfahrung, sondern auf Interpretation und Antizipation.
Diese sechs Tore reflektieren mentale Verunsicherung:
Tor 17 – Angst vor Irrtum: Zweifel an der eigenen Meinung; ständiger Druck, richtig zu liegen. Eine ängstliche Unruhe, die zu Nichtselbst-Handlungen führt, um zu beweisen, Recht zu haben.
Tor 47 – Angst vor Sinnlosigkeit: Die Last mentaler Verarbeitung ohne klare Antworten.
Tor 24 – Angst vor Unwissenheit: Sorge, nicht genug zu wissen, um zu verstehen oder erklären zu können.
Tor 43 – Angst vor Zurückweisung: Furcht, mit neuen Ideen nicht akzeptiert zu werden. Ein individuelles Tor, welches mutatives, neues Wissen ins Kollektiv bringen möchte.
Tor 11 – Angst vor Dunkelheit: Ungewissheit darüber, was vor einem liegt. Ein Tor, was unbedingt wissen will.
Tor 4 – Angst vor Chaos: Bedürfnis nach logischer Ordnung, um Unsicherheit zu vermeiden und auf alles eine Antwort zu haben.
Diese Ängste bringen den Verstand dazu handeln zu wollen. Doch das meiste war nie dazu bestimmt in Handlung gebracht zu werden, es waren Ideen, Meinungen, eben mentale Konstrukte.
Emotionale Ängste: das Emotionale Zentrum
Emotionale Ängste betreffen das Potenzial für emotionale Erschütterung, soziale Ablehnung oder Liebesentzug. Sie wirken nicht sofort, sondern in Wellen und erzeugen tiefe Ambivalenzen. Es geht hier um den erfahrungsbezogenen Prozess des Lebens an sich. Die Nervosität ist ganz einfach die Instabilität der Welle. Man kann sie nicht festhalten oder steuern. Es kann auch vorkommen, dass Menschen nach einem erlittenen Schock in ihrer Welle einfrieren.
Wir sind nervös aufgrund der Unkontrollierbarkeit der Natur:
Tor 36 – Angst vor emotionalem Schmerz und Unzulänglichkeit: Projektionen auf das Unbekannte, insbesondere in Beziehungen. Die 36, im Moment durch die aktuellen Transite in aller Munde als Tor der Krise, ist eigentlich das Tor der Unerfahrenheit. Was voller Abenteuerlust, über emotionale Erfahrungen versucht, erfahrener zu werden, Dinge zu erleben.
Tor 22 - Angst vor der Stille, dem Schweigen oder dem Alleinsein
Tor 37 - Angst vor Traditionen oder gesellschaftlichen Werten und Normen
Tor 6 - die Angst vor der Intimität: die Angst vor Nähe und wahrer emotionaler Verbindung.
Tor 49 - die Angst vor der Natur: die Furcht vor dem Verlust unserer natürlichen Verbindung
Tor 55 - die Angst vor der Leere und der Sinnlosigkeit, der fehlenden emotionalen Erfüllung
Tor 30 - die Angst vor dem Schicksal, vor dem ja durchaus unkontollierbaren Unbekannten
Ein bemerkenswerter Aspekt ist die Rolle der Erde in deinem Chart. Sie wirkt stabilisierend und erdend. Gerade die Design-Sonne auf der körperlichen Seite. Hast du dieses Tor im Griff, bist du stabil und gerätst nicht so leicht in die Angst, die Nervosität oder auch gesundheitliche Destabilisierung.
Im Nichtselbst sind wir alle ängstlich und nervös, weil wir ständig konditioniert werden.
In der Verschiebung der Perspektive durch korrektes Leben der Variablen, Ernährung, Umgebung usw. können Ängste ihre destruktive Wirkung verlieren und stattdessen zur tiefen Intelligenz und zu einem Bewusstsein führen.
Lust, deine Ängste ganz persönlich und individuell anzuschauen?
Wir können das gerne in einem Coaching oder Reading angehen.
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