2027: Zwischen Ende und Anfang – Europa, KI und der große Zykluswechsel
- Sonja Meyer-Voss
- 21. Sept.
- 5 Min. Lesezeit

Es gibt Momente in der Geschichte, da scheint sich alles gleichzeitig zuzuspitzen. Man muss kein besonders feinfühliger Mensch sein, um zu spüren, dass wir gerade in einem solchen Moment stehen: die Schlagzeilen sind voll von Kriegen, Wirtschaftskrisen, Klimaextremen, schwindendem Vertrauen in Institutionen.
Gleichzeitig überschlagen sich die Versprechen der Technologie, allen voran der Künstlichen Intelligenz. Für viele fühlt es sich an wie ein „Endzeit-Szenario“ – und genau darin liegt vielleicht schon der Schlüssel.
Denn nach Human Design laufen wir tatsächlich auf ein Ende zu:
2027 markiert den Abschluss eines 400-jährigen globalen Zyklus, das Ende des sogenannten „Cross of Planning“. Und wie so oft im Leben gilt auch hier: wo etwas zu Ende geht, liegt der Keim des Neuen schon bereit, auch wenn wir ihn noch nicht erkennen können.
Das Cross of Planning begann im Jahr 1615, also zu einer Zeit, in der moderne Staaten, Städte, Wissenschaft und organisierte Religion neue Strukturen bildeten. Dieser Zyklus war geprägt von Planung, Versorgung und kollektiven Verträgen: „Ich arbeite, und dafür bekomme ich Sicherheit. Ich zahle ein, und im Alter sorgt der Staat für mich. Ich unterwerfe mich Regeln, und dafür werde ich Teil einer Gemeinschaft.“ All die Errungenschaften, die wir heute als selbstverständlich sehen – Sozialstaat, Rentenversicherung, Krankenkassen, Bildungssysteme, Gewerkschaften –, sie sind Kinder dieser Epoche. Sie wurden getragen vom energetischen Prinzip des Kanals 37–40, der Gemeinschaft: Arbeit gegen Liebe, Pflicht gegen Versorgung.
Doch 2027 läuft dieses Muster aus. Und wer genau hinsieht, erkennt die Risse schon jetzt.
Nehmen wir die Politik und ihre Budgets. Noch nie in der Geschichte gab es derart gigantische Summen, die in Klimafonds, Digitalisierung, Verteidigung oder Industrieprojekte fließen. Deutschland beispielsweise hat 2024 über 65 Milliarden Euro aus dem Klima- und Transformationsfonds zur Stabilisierung der Stromnetze und zur Förderung von Industrien bereitgestellt – so hoch wie nie zuvor.
Doch wenn man fragt, bei wem diese Gelder ankommen, zeigt sich ein anderes Bild: Es sind nicht die Familien mit wenig Einkommen, nicht die Alleinerziehenden, nicht die Pflegekräfte, die direkt profitieren. Vielmehr verschwinden Milliarden in Großprojekten, in Subventionen für Chipfabriken oder Wasserstoffhubs, in Strukturen, die ohnehin schon mächtig sind. Unten, dort, wo Menschen dringend Entlastung bräuchten, bleibt der Effekt minimal.
Das ist kein Zufall. Es ist Ausdruck eines Systems, das am Ende seiner Logik angekommen ist. Der Tribal Vertrag – Arbeit gegen Versorgung – funktioniert nicht mehr. Staaten verwalten mit gigantischen Summen ihren eigenen Fortbestand, anstatt wirklich zu verteilen.
Noch deutlicher wird das im Bereich Gesundheit und Rente. Seit Jahrzehnten wissen wir, dass der demografische Wandel die Systeme ins Wanken bringen wird: weniger Beitragszahler, mehr Rentner, steigende Lebenserwartung. Und ebenso lange hat die Politik diese Realität ignoriert oder mit kosmetischen Reformen überdeckt. 2025 zeigt sich die Konsequenz: Krankenkassenbeiträge steigen, Leistungen werden gekürzt, Rentenlücken werden größer.
Laut OECD könnte Deutschland bis 2060 fünf Millionen Arbeitskräfte verlieren – ein dramatischer Einbruch, der längst absehbar war. Die Wahrheit ist: man hat es geschehen lassen, weil man wusste, dass dieses Modell nicht mehr dauerhaft tragfähig ist.
Auch das ist kein Zufall. Human Design beschreibt es als das „Endstadium“ des Cross of Planning. Das kollektive Versorgungsversprechen – „du bist abgesichert, solange du funktionierst“ – bricht zusammen. Und das fühlt sich an, als hätte jemand den Boden unter unseren Füßen weggezogen.
Doch die Krise ist nicht auf Zahlen beschränkt. Sie zieht sich hinein in unser tägliches Leben, in Beziehungen, in Familien, in die Gesellschaft. Ehe und Partnerschaft, jahrhundertelang organisiert als Pflicht- und Versorgungsgemeinschaft, geraten ins Wanken. Ra Uru Hu sprach davon, dass Sexualität nach 2027 ihre Funktion als Hauptbindekraft verliert. Stattdessen entstehen neue Formen von Verbindung, die nicht auf Versorgung, sondern auf Resonanz beruhen. Dass Dating-Apps boomen, Scheidungsraten hoch sind und Einsamkeit wächst, ist kein moralischer Verfall, sondern Ausdruck dieser Mutation.
Und dann ist da die Arbeitswelt, in der der sogenannte Fachkräftemangel die Schlagzeilen dominiert. Die Erzählung lautet: „Wir haben zu wenige Menschen, die arbeiten wollen.“ Die Realität ist paradoxer: Es gibt viele, die arbeiten wollen, aber keine adäquaten Möglichkeiten finden. Weil Kinderbetreuung fehlt, weil Arbeitsmodelle unflexibel sind, weil Qualifikationen nicht exakt passen oder Unternehmen keine Kapazitäten zur Einarbeitung haben.
Das Ergebnis: Stellen bleiben unbesetzt, obwohl die Arbeitskraft vorhanden wäre. Studien zeigen, dass rund 27 % der deutschen Unternehmen Schwierigkeiten haben, passende Mitarbeitende zu finden – während gleichzeitig hunderttausende Menschen auf der Suche nach Arbeit sind.
Im Lichte von Human Design ist das schlüssig: Das alte Raster – Schule, Ausbildung, Job, Rente – bricht. Menschen passen nicht mehr in die Schablonen. Das System nennt es Fachkräftemangel, tatsächlich ist es ein Strukturproblem.

Und mittendrin die Künstliche Intelligenz. Sie ist Beschleuniger und Zerstörer zugleich. Zuerst frisst sie die Juniorstellen, die Routinetätigkeiten: Buchhaltung, Standardtexte, Serviceprozesse. Dann übernimmt sie Teile der Seniorfunktionen, indem sie komplexe Analysen schneller und präziser auswertet. McKinsey schätzt, dass bis 2030 in Europa bis zu 30 % aller Arbeitsstunden automatisiert sein könnten – das entspricht 60 Millionen Vollzeitjobs.
Was bleibt, sind die Ausnahmefälle, die Kreativität, die Führung, die Beziehung, die Verantwortung. Der Mensch bleibt dort gefragt, wo keine Regel greift, wo Ethik und Empathie gebraucht werden. Doch die klassische Karriereleiter – von Junior zu Senior – zerfällt.
Damit verschiebt sich auch der Fachkräftemangel: nicht mehr zu wenige Hände für einfache Jobs, sondern zu wenige Köpfe, die KI sinnvoll einsetzen können. Schon 2024 waren in Deutschland fast 150.000 IT-Stellen unbesetzt – genau dort, wo wir die Kompetenz bräuchten, um die neue Technologie zu gestalten.
Die junge Generation spürt diese Mutation instinktiv. Generation Z und Alpha haben keine Lust mehr auf das alte Modell „Arbeit gegen Liebe“. Sie suchen Sinn, Selbstgestaltung, Resonanz. Für viele Ältere wirkt das wie Faulheit oder Illoyalität. Doch es ist genau das Gegenteil: Es ist die Energie des kommenden Zyklus, der ab 2027 vom „Schlafenden Phönix“ geprägt sein wird – von individueller Selbstermächtigung und innerer Wahrheit. Diese Jugendlichen weigern sich, ihre Lebenszeit für ein Versorgungsversprechen einzutauschen, das ohnehin nicht mehr gilt.
Und jetzt die große Frage: Wenn alles Alte zu Ende geht und das Neue noch nicht fassbar ist – wo liegen die Chancen?
Die erste liegt in der Eigenmacht.
Wenn kollektive Strukturen bröckeln, gewinnt das Individuum. Wer sich frühzeitig um Netzwerke, Nachbarschaftshilfe, Genossenschaften kümmert, baut sich neue Formen der Absicherung.
Die zweite liegt im Sinn.
Arbeit wird nicht verschwinden, aber sie wird ihren Charakter ändern. Es geht weniger um Pflicht, mehr um Ausdruck. Hier entstehen Chancen in Kreativität, Bildung, Heilung, Beratung – überall dort, wo echte Resonanz gefragt ist.
Die dritte liegt in der Gesundheit.
Wenn Krankenkassen schwächeln, wächst die Bedeutung von Prävention und Eigenverantwortung. Biohacking, PHS, Ernährungsbewusstsein, ganzheitliche Medizin – sie sind keine Trends für Wohlhabende, sondern Antworten auf eine Versorgungslücke. Und die vielleicht wirksamste Form von Prävention ist es, nach dem eigenen Design zu leben – denn wer versteht, wie er selbst gedacht ist, trifft gesündere Entscheidungen. Deshalb bleibt das Wissen um Human Design, ob in einem Reading oder durch eigene Beschäftigung, auch in Zukunft ein Schlüssel.
Die vierte liegt in der Bildung.
Das alte Einheitsmodell funktioniert nicht mehr. Kinder brauchen Potenzialorientierung statt Normierung. Wer das früh erkennt – Eltern, Schulen, Unternehmen –, bereitet den Boden für eine Arbeitswelt, die nicht Mangel, sondern Vielfalt kennt.
Die fünfte liegt in Gemeinschaft 2.0.
Pflichtgemeinschaften lösen sich auf, Resonanzgemeinschaften entstehen: Co-Housing, Community Work, digitale Netzwerke. Menschen verbinden sich freiwillig, weil es passt, nicht, weil es muss.
Und die sechste liegt in der Energie.
Zentralisierte Systeme werden instabil, Dezentralität gewinnt. Bürgerenergie, Sharing-Modelle, smarte Netze – hier entsteht Raum für Innovation.
KI spielt in all dem eine doppelte Rolle. Einerseits zerstört sie alte Strukturen, andererseits eröffnet sie Räume für das Neue. Sie automatisiert das, was niemand mehr tun will, und macht frei für das, was wirklich menschlich ist. Sie ist Werkzeug, nicht Ersatz.
Natürlich bleibt Unsicherheit. Wir wissen nicht, wie genau das Neue aussehen wird. Aber wir wissen, dass das Alte sich überlebt hat. Und vielleicht liegt genau darin die Chance: nicht länger am Verfall herumzudoktern, sondern den Mut zu haben, die Brüche als Übergang zu sehen.
2027 wird kein Weltuntergang sein, sondern eine Mutation. Der Schlafende Phönix erhebt sich – nicht als kollektives Projekt, sondern als Summe von Individuen, die ihr Potenzial leben. Die Aufgabe für uns heute ist, nicht an den alten Verträgen festzuhalten, sondern die Räume zu schaffen, in denen das Neue Gestalt annehmen kann.





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